Information für Mieter über Gewährung staatlicher Leistungen bei Nichtzahlung der Miete wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie
1. Ausgangslage
Zur Abmilderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie hat der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschiedet, wonach Mietern für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 nicht wegen ausgefallener Mietzahlungen aufgrund der COVID-19-Pandemie gekündigt werden kann. Diese gesetzliche Regelung entbindet Sie jedoch nicht von der Pflicht zur Zahlung der Miete. Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 müssen bis zum 30. Juni 2022 beglichen werden. Mieter müssen im Streitfall glaubhaft machen, dass die Nichtleistung der Miete auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.
Das Gesetz wirkt also zeitlich begrenzt und beinhaltet die Pflicht, die zwischen dem 1. April und 30. Juni 2020 nicht gezahlte Miete im Nachhinein zu zahlen.
Deshalb gilt für entsprechende Notlagen:
Beantragen Sie frühzeitig staatliche Leistungen zur Unterstützung Ihrer Mietzahlungen!
2. Welche staatlichen Sicherungssysteme stehen zur Verfügung?
Als staatliche Sicherungssysteme stehen zum einen das Wohngeld und zum anderen die Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung – „Hartz 4“) zur Verfügung. Das Wohngeld ist vorrangig.
3. Das Wohngeld
Wann habe ich einen Anspruch auf Wohngeld?
Menschen, die sich aus eigener Kraft am Wohnungsmarkt keinen angemessenen Wohnraum leisten
können, erhalten zu den Mietkosten einen staatlichen Zuschuss, der angemessenes und
familiengerechtes Wohnen sichern soll. Diesen Zuschuss nennt man „Wohngeld“.
Wer kann Wohngeld beantragen?
Wohngeldberechtigt sind alle Personen, die zur Miete wohnen und deren monatliches
Haushaltsgesamteinkommen unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt.
Beispielsweise kann ein Einpersonenhaushalt in München mit 1.700 EUR
Monatsverdienst (brutto) noch ein geringes Wohngeld beziehen. Bei alleinstehenden
Rentnern sollte unabhängig vom Wohnort ein Anspruch bei einer Rente ab 1.000 EUR
geprüft werden.
Keinen Anspruch auf Wohngeld haben Bezieher von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II oder BAföG, da ihre Wohnkosten im Rahmen der Leistungen bereits berücksichtigt werden.
Wo erhalte ich Wohngeld?
Das Wohngeld können Sie bei den Wohngeldbehörden der Gemeinde-, Stadt-, Amts- oder
Kreisverwaltungen beantragen. Informieren Sie sich darüber, wer in Ihrer Gemeinde für das
Wohngeld zuständig ist. Auf der Webseite der zuständigen Behörde erhalten Sie auch entsprechende
Antragsformulare.
Gibt es aufgrund der aktuellen Situation Erleichterungen bei der
Antragsstellung?
Viele Bundesländer bieten Erleichterungen im Rahmen der Antragsstellung und der
Plausibilitätsprüfung an.
Im Rahmen des Erstantrag benötigen die Wohngeldstellen auf jeden Fall
- Mietnachweis
- Einkommensnachweis (mind. letzte Abrechnung)
- Wenn Kurzarbeitergeld: im Idealfall erste Abrechnung unter Berücksichtigung von Kurzarbeitergeld, sonst mindestens die betriebliche Vereinbarung zum Kurzarbeitergeld
Wie berechnet sich das Wohngeld?
Die Höhe des Wohngeldes richtet sich nach der Anzahl der Haushaltsmitglieder, der Miete –
oder bei Eigentümern nach der Belastung – und dem Gesamteinkommen. Als Haushaltsmitglieder
zählen Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner, Personen, die mit dem Wohngeldberechtigten
zusammenleben oder bereit sind, Verantwortung füreinander zu tragen.
Die Berechnung des Wohngeldes erfolgt anhand sogenannter „Mietenstufen“. Gemeinden und Kreise werden anhand der durchschnittlichen Miethöhe vor Ort in Mietenstufen von I bis VI eingeteilt. Das bedeutet, dass nicht unbedingt die Miete, die Sie tatsächlich zahlen, zählt, sondern festgelegte Höchstbeträge, die wiederum von den Mietenstufen abhängen. Bei Ihrem Gesamteinkommen zählt das Bruttoeinkommen. Von diesem Betrag werden abhängig von der Entrichtung von Steuern, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und Rentenversicherungsbeiträge abgezogen.
Im Internet stehen Ihnen kostenlose Wohngeldrechner zur Verfügung, anhand derer Sie grob einschätzen können, ob Ihnen Wohngeld zusteht. Entsprechende Wohngeldrechner finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums des Inneren für Bau und Heimat unter www.bmi.bund.de oder unter www.wohngeld.org.
Ab wann und wie lange wird Wohngeld gewährt?
Wohngeld wird ab dem Monat, in dem der Antrag gestellt wurde, gewährt und in der Regel für
12 Monate bewilligt. Anschließend ist ein neuer Antrag erforderlich. Erhalten Sie bereits
Wohngeld, so muss – wie bisher - kein neuer Antrag gestellt werden. Allerdings gilt auch dies
nur innerhalb des sogenannten „Bewilligungszeitraums“.
4. Kosten der Unterkunft
Wann habe ich einen Anspruch auf Kosten der Unterkunft?
Zielgruppe sind Menschen/Haushalte ohne eigenständige Einkommenserzielung, die auch
kein Arbeitslosengeld (ALG I) erhalten. In der aktuellen Situation kann das auch
Selbstständige betreffen, die COVID-19-bedingt unmittelbar ohne
Einkommen dastehen.
Wo werden Leistungen auf Kosten der Unterkunft beantragt?
Betroffene stellen unmittelbar beim zuständigen Jobcenter einen Antrag auf Grundsicherung
und Übernahme der vollen Wohnkosten.
Gibt es aufgrund der aktuellen Situation Erleichterung bei der
Antragsstellung?
Ja.
Erstanträge können einfach formlos schriftlich, ohne persönliche Vorsprache (direkt über den Hausbriefkasten des Jobcenters) oder telefonisch gestellt werden. Zu empfehlen ist die schriftliche Beantragung, da die bekannten Jobcenter-Telefonnummern aktuell kaum erreichbar sind. Ggf. ist es sinnvoll, zum Nachweis die schriftliche Antragstellung bezeugen zulassen.
Anträge können gestellt werden unter: www.arbeitsagentur.de
Im Kern gilt bis auf Weiteres:
- Vereinfachtes Verfahren für Zugang zu sozialer Sicherung.
Keine zeitaufwändige Vermögensprüfung: Für Leistungen, deren Bewilligungszeiträume zwischen 1. März 2020 und 30. Juni 2020 beginnen, wird Vermögen für die Dauer von 6 Monaten nicht berücksichtigt. Es gilt die Vermutungsregel, dass Antragsteller kein erhebliches Vermögen haben. Es genügt eine Erklärung des Antragstellers. - Keine Angemessenheitsprüfung:
Ab April 2020 erfolgt bei Erstanträgen keine Angemessenheitsprüfung. Für zunächst 6 Monate werden die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen angesehen/übernommen. Es gelten auch nicht die üblichen an der sozialen Wohnraumförderung orientierten Flächenbeschränkungen. Die tatsächlichen Aufwendungen für die tatsächliche Wohnfläche gelten.